Gelegenheiten zum Fluchen gibt es genug, ohne dass man sie suchen würde. Es reicht allein, wenn man in der Früh ins Auto steigt und losfährt oder einfach bei Missgeschicken im Alltag. Auch wenn es ein erstrebenswertes Ziel ist, in hektischen Situationen Ruhe zu bewahren, so gibt es doch Momente, in denen Fluchen sogar hilfreich ist.

Die Zeit berichtet, dass dem britischen Psychologen Richard Stephens von der Keele University aufgefallen war, dass seiner Frau bei den Wehen im Kreißsaal die schlimmsten Kraftausdrücke entfahren waren. Nach einem Versuch mit seinen Studenten ist er dann zu dem Ergebnis gekommen, dass wir den Körper durch das Fluchen in einen Alarmzustand, eine sogenannte Fight-or-flight-Reaktion versetzen. In diesem Zustand schüttet die Nebennierenrinde das Stresshormon Cortisol sowie auch Adrenalin und Endorphine aus – und das senkt die Schmerzempfindlichkeit.

Eine andere Entdeckung hat John Busby, Vizepräsident des amerikanischen Marchex Instituts gemacht: Je schlechter es der Wirtschaft geht, desto schlimmer schimpfen CEOs – und zwar auch bei öffentlichen Auftritten. Er hat sich im Auftrag von Bloomberg News Tausende von Interviews und öffentlichen Vorträgen von CEOs zwischen 2004 und 2014 angehört und dabei festgestellt, dass die Zahl der Flüche und Kraftausdrücke nach der Rezession im Jahr 2009 spürbar angestiegen ist, schreibt die WirtschaftsWoche.

Dass wir schimpfen ist ganz normal, sagt Timothy Jay, Psychologieprofessor vom Massachusetts College of Liberal Arts. Nach seiner Meinung legen die Menschen damit ab einem Alter von acht Jahren richtig los: britische und amerikanische Kinder nutzen dabei am liebsten das S-Wort, mit zunehmendem Alter gewinnen sie das F-Wort lieb.

Ein großes Repertoire an Schimpfworten zu haben ist aber nicht nur ein Zeichen großer Kreativität – laut einer weiteren Studie fluchen intelligente Menschen häufiger – oder schlechter Kinderstube, es hilft auch im Alltag. Damit das verbale Medikament wirkt, darf allerdings noch keine Resistenz bestehen. Wer schon im Alltag ständig Kraftausdrücke benutzt, bei dem stumpft die Wirkung deutlich ab.

Am häufigsten fluchen übrigens Chirurgen: eine Studie im British Medical hat gemessen, wie oft Chirurgen im Operationssaal Kraftausdrücke benützen. Durchschnittlich fiel alle 51,4 Minuten ein Schimpfwort. Bei komplizierten Operationen erhöhte sich die Frequenz auf 29 Minuten.

Zeige Buttons
Verberge Buttons
%d Bloggern gefällt das: