Schlaf drüber!

Wir verbringen ein Drittel unseres Lebens in der Horizontalen. Der Schlaf ist dennoch eines der größten Mysterien im menschlichen Leben. Bislang konnte nicht abschließend geklärt werden, welche Funktionen der Schlaf auf unser Immunsystem, unseren Kreislauf und unseren Alltag hat. Der Mensch verbringt mehr Zeit seines Lebens mit Schlafen als mit Arbeiten, mehr als mit Sport, […]

Wie reagiert unser Körper auf Schlaf­entzug? Wird man durch ausreichenden Schlaf klüger? Wie wirkt Koffein? Aktuelle Forschungsergebnisse liefern Antworten auf die drängendsten Schlaf-Fragen.

Wir verbringen ein Drittel unseres Lebens in der Horizontalen. Der Schlaf ist dennoch eines der größten Mysterien im menschlichen Leben. Bislang konnte nicht abschließend geklärt werden, welche Funktionen der Schlaf auf unser Immunsystem, unseren Kreislauf und unseren Alltag hat.

Der Mensch verbringt mehr Zeit seines Lebens mit Schlafen als mit Arbeiten, mehr als mit Sport, Essen und Sex zusammen – mehr als mit allem anderen. Dennoch ist das Phänomen immer noch nicht wirklich erforscht. Wir selbst merken, dass während der Ruhe unsere innere „Batterie“ wieder aufgeladen wird. Im Gegenzug wirkt sich zu wenig Schlaf negativ auf unsere körperliche und unsere geistige Leistungsfähigkeit aus. Sind wir aufgrund einer Krankheit geschwächt, brauchen wir wesentlich mehr Schlaf. Ebenso nach körperlicher Anstrengung sowie auch nach geistiger (hier zählen vor allem neue Eindrücke oder ein Alltagswechsel). Was jedoch genau geschieht, während wir in die Traumwelten abdriften, konnte noch nicht abschließend erforscht werden. Wir nähern uns anhand aktueller Forschungsergebnissen den Fakten und Mythen rund um das Thema Schlaf.

„Nilpferde könnten an Land nicht im Liegen schlafen, weil das Köpergewicht auf die Lunge drücken würde.“

„Schlaf Dich gesund“: Der Schlaf und das Immunsystem

Während des Schlafs werden vermehrt Antikörper gebildet. Eine Studie zeigte, dass sich bei Probanden, die nach einer Impfung normal schliefen, wesentlich mehr Antikörper gebildet haben als bei Testpersonen, die die Nacht nach der Impfung zum Tag gemacht haben.

Bei Schlafmangel schüttet der Körper Entzündungsbotenstoffe aus. Dies steigert das Risiko, an entzündungsbedingten Gebrechen zu erkranken. Dazu gehören beispielsweise Herz-Kreislauf- oder Gelenkprobleme.

Andere Studien zeigen, dass chronischer Schlafmangel sogar das Krebsrisiko erhöht. Die Hintergründe wurden noch nicht genau erforscht, eine mögliche Begründung wäre, dass Schlafmangel auch Melatoninmangel bedingt, von welchem wiederum bekannt ist, dass er die Reparatur von DNA-Schäden behindert, was Mutationen begünstigt.

„Schlaf Dich dünn“ : Der Schlaf und die Figur

Das Diabetes-Risiko steigt mit sinkender Schlafdauer. Ein Grund hierfür könnte sein, dass Schlafmangel den Zuckerstoffwechsel beeinträchtigt. Die Insulinempfindlichkeit hängt demnach von Dauer und Qualität der vorhergehenden Nacht ab, bereits nach einer einzelnen verkürzten Nacht lassen sich Anzeichen einer Insulinresistenz feststellen.

Schlafentzug aktiviert Gehirnareale, die für Belohnungen zuständig sind. Es werden Hormone ausgeschüttet, die Hunger- und Sättigungsgefühl regulieren. Dies stärkt das instinktive Verlangen nach fett- und zuckerreichem Essen. Gleichzeitig wird die Funktion der Gehirnregionen beeinträchtigt, die vernunftgesteuerte Entscheidungen fällen. Wir haben nach einer kurzen Nacht Appetit auf Ungesundes und weniger Selbstdisziplin.

Bei Abnehmversuchen erhöhte sich die Erfolgswahrscheinlichkeit um 33 Prozent, wenn die Probanden statt sechs Stunden eine 8-stündige Bettruhe einhielten. Um die gleiche Zahl lagen bei einer anderen Studie die Erfolgschancen von Probanden mit guter Schlafqualität über der von Testpersonen mit als schlecht wahrgenommener Schlafqualität.

„Schlaf Dich gescheit“: Der Schlaf und das Gehirn

Unterbewusstes hingegen wird im prozeduralen Gedächtnis gespeichert, und zwar während des Traumschlafs, indem es nochmals durchlebt wird. Am Morgen nach einer schlafreichen Nacht konnten Probanden Erlerntes meist noch besser als beim letzten Üben am Abend – sie hatten ihre Fähigkeiten im Traum verbessert.

„Darüber schlafen“ hilft: Manche kognitiven Probleme werden im Schlaf noch bearbeitet. Probanden sollten sich abends mit komplizierten Zahlenreihen beschäftigen, zu denen es eine im Grunde leichte Lösung gab. Nach einer schlafreichen Nacht fanden über 60 Prozent der Probanden die Lösung – aber nur 20 Prozent der Probanden, die das Problem einmal morgens und dann am folgenden Abend bearbeiteten.

Koffein steigert das Konzentrationsvermögen und die Wachsamkeit bei Übermüdung. Sind wir wach, wird Adenosin produziert, welches die Ausschüttung von belebenden Hormonen wie Dopamin hemmt. So schützt es das Gehirn vor Überanstrengung. Koffein ist dem Adenosin sehr ähnlich und besetzt die gleichen Rezeptoren – jedoch ohne die hemmende Wirkung des Adenosins zu haben. Dass Koffein unter anderem die Dopaminausschüttung begünstigt (bzw. deren Hemmung blockiert), erklärt, warum es bei ausgeschlafenen Probanden die Wiedererkennung von Wörtern mit positiver Konnotation begünstigt, nicht jedoch die von neutralen oder negativ besetzten Begriffen. Die Tiere und der Schlaf Jeder Haustierbesitzer weiß: Tiere können träumen. Aber wie sieht es generell aus mit dem Schlaf bei den Tieren? Bisher wurden noch bei jedem Tier Schlafphasen nachgewiesen. Einzig der Ochsenfrosch soll noch nie dabei beobachtet worden sein; allerdings ist die Studie 30 Jahre alt und weist methodische Mängel auf.

Haie fallen in eine Trance: Zum Atmen müssen die Kiemen der Fische ständig mit frischem Wasser umspült werden. Vielen Haien fehlen hierfür jedoch passende Muskelfunktionen. Grundhaie legen sich daher zum Schlafen in eine Strömung, Hochseehaie müssen ständig in Bewegung bleiben. Sie schwimmen, wobei ihre Sinne voll aktiv bleiben – jedoch sind die Körper- und Hirnfunktionen reduziert und sie reagieren nicht auf die Signale der Sinnesorgane: Sie schlafwandeln sozusagen.

Auch bei Delfinen ist möglicherweise die Atmung Ursache für den eigenartigen, noch wenig erforschten Schlaf: Sie müssen zum Atmen auftauchen, daher atmen sie nicht unbewusst. Baby-Delfine und -Orcas schlafen gar nicht, erwachsene Tiere (oder „Non-Human Persons“, wozu sie 2013 in Indien ernannt wurden, nachdem erwiesen wurde, dass sie sich Namen geben, mit diesen vorstellen, rufen und ansprechen) schlafen asymmetrisch: Bei ihnen schläft immer nur eine Gehirnhälfte, während die andere wach bleibt.

Auch Robben müssen häufig atmen und können sogar umschalten: An Land durchlaufen sie wie wir drei Schlafphasen. Im Wasser können sie auf asymmetrischen Schlaf umschalten. Die Mechanismen hierzu werden noch erforscht.

Andere Meeressäuger haben andere Strategien: Einige Wale schlafen an der Oberfläche treibend und nur sehr kurz – dafür aber umso tiefer, sie nehmen nichts wahr. Kollisionen mit schlafenden Walen haben schon diverse Schiffsunglücke ausgelöst.

Nilpferde und Seekühe können die Luft länger anhalten, sie müssen nur ab und zu zum Atmen auftauchen: Flusspferde schlafen am Grund von Flüssen, während Seekühe kopfüber im Wasser hängen. Nilpferde könnten an Land nicht im Liegen schlafen, weil das Köpergewicht auf die Lunge drücken würde.

Aus diesem Grund schlafen Elefanten und Nashörner (obwohl sie keine Feinde haben) im Stehen. Faultiere haben ihren Ruf übrigens zu Unrecht: Sie schlafen nicht, wie ursprünglich gedacht, bis zu 20 Stunden – sondern im Schnitt nur 9,5 Stunden.

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