Schönheit: das globale Erfolgsrezept

Lange Zeit war es den US-Amerikanerinnen vorbehalten Körperkult und Schönheitswahn unter einen Hut, besser unter das Messer eines Schönheitschirurgen zu bringen. Mittlerweile reflektieren Töchter nicht mehr so sehr auf das obligatorische Cabrio als Geschenk zum Abschlussexamen. Sie gönnen sich zum Start in die Welt des Erwachsenwerdens eine Nasenkorrektur oder eine  Brustvergrößerung. Wer gibt sich denn […]

Den Schönen gehört die Welt sind alle überzeugt, die selbst schöner sein wollen. Erfolg hängt von der Schönheit ab, auch deshalb wächst weltweit ein bedeutender Wirtschaftszweig heran.

Lange Zeit war es den US-Amerikanerinnen vorbehalten Körperkult und Schönheitswahn unter einen Hut, besser unter das Messer eines Schönheitschirurgen zu bringen. Mittlerweile reflektieren Töchter nicht mehr so sehr auf das obligatorische Cabrio als Geschenk zum Abschlussexamen. Sie gönnen sich zum Start in die Welt des Erwachsenwerdens eine Nasenkorrektur oder eine  Brustvergrößerung. Wer gibt sich denn heute noch mit Körbchengröße AA  zufrieden, wenn es sich doch mit den üppigen Silikon-Körperformen im Leben besser punkten lässt.

Auch in unseren Breitengraden steht Schönheitsbewusstsein an oberster Stelle: Egal ob Mann oder Frau – der Zustrom auf Fitness- und Schönheitsstudios ist immer noch groß. Zusätzlich lassen sich die Menschen tätowieren und piercen, oftmals an den ungewöhnlichsten Körperstellen. Sie legen sich stundenlang auf obskure Sonnenbänke, die ihrer gepeinigten Haut irreparablen Schaden zufügen. Man schluckt Schlankheitspillen, probiert jeden Monat eine neue Hollywood-Diät und versucht verzweifelt seinen geschundenen Körper in Jeansgröße Zero zu pressen. Das x-te Frusterlebnis kommt wie das Amen im Gebet. Panisch wirft man das sauer verdiente Geld dem nächsten Ernährungsexperten in den Rachen sowie konsultiert eine Fachkraft für Typberatung. Darüberhinaus wird die Urlaubplanung obsolet – denn nur ein kostenintensiver Aufenthalt in einer Wellness- bzw. Beauty-Farm scheint die wahre Hilfestellung zu bieten. Das seit einer geschätzten Ewigkeit erträumte Beauty-Ziel wird nur dort greifbar nahe. Obendrein huscht man in der Mittagspause in eine der angesagten Parfümerien, um den ständig steigenden Bedarf an teuren Kosmetika und mehr oder weniger wohlriechenden Körperpflegemittel zu decken. Ja und ab und zu muss die eine oder andere längst fällige Botoxinjektion dem eigenen Selbstwertgefühl auf die Sprünge helfen.

Wer jetzt glaubt, dass diese unterschiedlichen Formen der Körperpraktiken nur der „Seitenblicke-Society“ vorbehalten sind irrt gewaltig. Ob Frau oder Mann, jung oder alt, gebildet oder ungebildet, reich oder arm, alle sozialen Gruppen sind vertreten, wobei es selbstverständlich Unterschiede in Art und Umfang gibt.

Dass dieses Schönheitsphänomen auch andere Kontinente fest im Griff hat zeigen Berichte aus China. Das Reich der Mitte ist zum drittgrößten Land für plastische Chirurgie geworden – von allen weltweit durchgeführten Schönheitsoperationen entfallen bereits 12,7 Prozent auf China. 2018 werden die Ausgaben der chinesischen Patienten bereits deutlich mehr als 8 Milliarden Euro betragen. Wirtschaftlich gesehen hat sich für die medizinische Industrie auf dem Gebiet der plastischen Chirurgie dank hoher Umsätze und riesiger Profite ein neues Gebiet der Wertschöpfung eröffnet, das vermehrt Kapital in den Markt lockt. Folglich haben chinesische Pharmaunternehmen begonnen in diesen Wirtschaftszweig – Unterstützung der plastischen Chirurgie – zu investieren. Beispielsweise arbeitet man an der Herstellung von Hyaluronsäure, die nicht nur Falten mindern soll sondern auch die Geschmeidigkeit von Gelenken fördern kann. Zusätzlich wird das wissenschaftliche Augenmerk verstärkt auf Stammzellen-Kosmetik gerichtet.

Es gibt immer wieder einen neuen Modetraum, dem die Menschen in China gerade entdecken. Zurzeit ist die Eiffelturm-Nase bei den jungen Akademikern sowas von hip. Diese Gruppe steht nach ihrem Studium unter enormen Druck Arbeit zu finden, denn passende Stellen für Akademiker sind dünn gesät. Die Zahl der Studierenden hat sich innerhalb des vergangenen Jahrzehnts verdoppelt. Gleichzeitig verlangsamt sich aber das Wirtschaftswachstum und es gibt weniger Arbeit für Akademiker. Die Arbeitslosenquote bei fertigen Studenten liegt laut einer Studie des Beratungsunternehmen MyCOS bei rund zehn Prozent und ist somit doppelt so hoch wie die offizielle Arbeitslosenquote in der Gesamtbevölkerung. Außerdem beurteilen viele Arbeitgeber nicht nur Fachwissen sowie Persönlichkeit des präsumtiven Mitarbeiters, sondern legen großen Wert auf das äußere Erscheinungsbild – ja sogar die Körpergröße spielt dabei eine Rolle. Bei diesem Kampf um den heiß begehrten Job greifen chinesische Uni-Absolventen vermehrt zu drastischen Maßnahmen und gehen zum Schönheitschirurgen.

“Nach ihrem Abschluss stehen die Studenten unter enormem Druck Arbeit zu finden. Wenn sie gut aussehen, haben sie größere Chancen auf einen Job”,Wang Xuming, Schönheitschirurg aus Chongqing (China)

Deshalb hat er die Eiffelturm-Nase kreiert. „Die Schönheit des Eiffelturms hat uns inspiriert“ – die neue Nase sei so elegant geschwungen, wie das Wahrzeichen von Paris. Durchschnittlich lassen sich pro Monat etwa ein Dutzend junger Chinesinnen und Chinesen ihre Nase bei Wang Xuming neu modellieren.

Aber auch in anderen Städten der Volksrepublik boomt das Geschäft mit den Schönheitsoperationen. Die 26-jährige Studentin Xu Yang ließ sich Fett absaugen, denn „Ich war zu dick. Nach einer Operation kann es einfacher sein, einen Job zu finden. Oft achten die Arbeitgeber mehr auf dein Aussehen als auf deine Erfahrung.”

Ob in China, USA oder Europa – überall legen sich Menschen unters Messer um den Körper nach gängigen Moderichtlinien formen zu lassen. Alles Peanuts verglichen mit den Schönheitsoperationen in Brasilien. Nach Angaben der brasilianischen Gesellschaft für plastische Chirurgie wurden im Jahr 2014 „offiziell“ rund 1,49 Millionen Schönheitsoperationen durchgeführt, wobei Fettabsaugen, Facelifting, Brustvergrößerung, Korrektur der Nase und Lippen zu den häufigsten Eingriffen zählen. Nirgendwo auf der Welt wird mehr Kult um den Körper getrieben als in diesem südamerikanischen Land.

Ein tadelloser und herzeigbarer Körper wird zunehmend als wichtig erachtet, denn immer mehr Menschen wollen sich damit in der Gesellschaft positionieren. Laut Fábio Iglesias, Professor für Sozialpsychologie an der Universität von Brasília, sind diese Art von Operationen Teil eines „Eindruck-Prozesses“, der aufgrund sozialer Netzwerke noch an Bedeutung gewinnt. Außerdem zeigt Iglesias auf, dass in Brasilien im Vergleich zu früher die Kosten für derartige Operationen stark gesunken sind. Somit erscheint der konstante Anstieg der Eingriffe kaum verwunderlich. Außerdem erklärt er, dass „das Klima in Brasilien, vor allem in den Küstenregionen, zu einem Boom bei den Schönheitschirurgen führt. Mann wie Frau zeigt viel mehr Körper und will perfekt und jünger aussehen. Deshalb ist es klar und offensichtlich, dass sich Brasilien in diesem Segment an der Spitze der Weltrangliste platziert hat.“

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