
Höher, länger, weiter! Bei Sportsucht verliert man schnell den Überblick.
Sportsucht: Wenn Training höchst ungesund wird
SuchtTherapieTrainingWorkoutAm Anfang ist es nur der Wunsch den Fitness zu verbessern und gesünder zu leben. Also sind es nur drei, vier Kilometer, zweimal die Woche. Dann wird es immer mehr: längere Strecken, häufigere Termine und irgendwann geht es nicht mehr ohne: Sportsucht ist Experten zufolge ein weiter verbreitetes Problem als angenommen.
- Bei pathologischem Sporttreiben handelt es sich um eine zumeist nichtstoffliche – substanzungebundene – Abhängigkeit, ein suchtartiges Verlangen nach sportlicher Betätigung ohne Wettkampfambitionen. Dies äußert sich in unkontrolliertem, exzessivem Trainingsverhalten und führt zu körperlichen und seelischen Beschwerden.
- Sportsucht gehört zu den Verhaltenssüchten, sie ist allerdings ebenso wenig in psychologischen Diagnosehandbüchern zu finden wie andere Vertreter dieser Gruppe – Shopping- oder Sexsucht etwa. Der Begriff „Exercise Addiction“ ist in den Vereinigten Staaten seit Mitte der 90er Jahre bekannt, die gilt aber (noch) nicht als international anerkannte psychische Störung.
Eine Studie der Universität Erlangen und der Universität Halle-Wittenberg hat 2013 gezeigt, dass von 1089 befragten Ausdauer-Athleten rund 4,5 Prozent sportsuchtgefährdet waren. Laut der Studie sind vorwiegend Athleten unter 30 Jahren anfällig, vor allem Triathleten sind gefährdet. Weitere Risikogruppen seien Kraftsportler, von denen einige muskelsüchtig werden, und Extremsportler, die von einem Adrenalinkick zum nächsten jagen.
Symptome
Verletzungen und Schmerzen zu ignorieren – ist ein typisches Anzeichen für Sportsucht. Erschöpfungssignale werden ausgeblendet, trainiert wird buchstäblich bis zum Umfallen und der Körper wird letztlich zum Gegner. Sport-Junkies brauchen immer härtere Trainingseinheiten und leiden unter Entzugserscheinungen, wenn es mal nicht mit dem Sport klappt. Nervöse Unruhe, depressive Verstimmungen, Schuldgefühle, Aggressivität, Magenschmerzen und Schlafstörungen kommen zum Beispiel vor, berichtet die Apotheken Umschau. Ausserdem werden soziale Kontakte wegen des Sports vernachlässigt oder aufgegeben, der Ausdauersport wird der zentrale Lebensinhalt.
Warum macht Sport süchtig?
Begünstigt wird die Sportsucht von Persönlichkeitsmerkmalen wie Perfektionismus oder hoher Leistungsmotivation. Die Frage kann aber nicht eindeutig und klar beantwortet werden. Ein verbreiteter Erklärungsansatz ist die Beta-Endorphin-Hypothese. Bei intensiver sportlicher Betätigung schüttet nämlich der Organismus körpereigene Drogen aus, um Schmerzen zu kontrollieren und Extrembelastungen auszuhalten. Die Endorphine können dann den Körper in einen Rauschzustand versetzen, was Langstreckenläufer als Runner´s High bezeichnen.
Ein anderer Erklärungsansatz meint, dass der Leistungssport auf der psychischen Ebene dazu dienen kann, das Selbstbewusstsein zu steigern, Misserfolge in anderen Bereichen zu kompensieren und der Bewältigung von Problemen auszuweichen. Bei starker körperlicher Anstrengung konzentrieren sich die Sportler nur auf das Hier und Jetzt. Das schaltet die Gedanken ab und fegt Alltagsprobleme für die Zeit des Trainings beiseite. Ein Zustand, den die Sportler immer wieder haben wollen.
Wahrscheinlich spielen viele Faktoren und Erklärungsmuster gemeinsam eine Rolle. Die Grundlage ist vergleichbar mit anderen Süchten: Das Belohnungssystem im Körper wird ständig auf Trab gehalten. Mit der Folge, dass ein ursprünglich gut gemeintes Fitnessprogramm zum zentralen Lebensinhalt wird. Wer sich gefährdet sieht, kann zunächst versuchen, bewusst kürzer zu treten.
Quelle: SuchtpraeventionBE