Wer sich nicht auf Zahlenbeispiele einlässt, die seine Krankheiten betreffen, ist schlechter dran und auch umgekehrt: Wer sich mit Zahlen auskennt und einfache statistische Zusammenhänge versteht, hat bessere Aussichten im Krankheitsfall. Dann sind die Heilungschancen besser und Patienten treffen eher die richtige Entscheidung für ihre weitere Therapie, sagt die Psychologin Ellen Peters von der Ohio State University.

Viele Beispiele belegen den Zusammenhang zwischen numerischen Grundkenntnissen und höherer Lebenserwartung, berichtet die Schweizer Tageszeitung Tages-Anzeiger. So haben Diabetiker, die sich nicht gut mit Zahlen auskennen, schlechtere Blutzuckerwerte als Kranke, die mathematisch unterfütterte Erklärungen verstehen. Sie lassen sich weniger darauf ein, aus Blutzuckerspiegel und Kohlenhydratanteil der Lebensmittel die für sie passende Ernährung und Insulindosis zu bestimmen und so erleiden sie früher Komplikationen.

Manchmal hat es absurde Folgen, wenn sich Patienten weigern, einfache Hochrechnungen zur Kenntnis zu nehmen, die ihre Gesundheit betreffen. So schätzen Frauen mit Brustkrebs ihre Lebenserwartung schlecht ein, auch wenn Ärzte ihnen klarzumachen versuchen, dass ihre Aussichten ziemlich gut sind und die Wahrscheinlichkeit 90 Prozent beträgt, die kommenden zehn Jahre zu überleben.

Frauen, die Zahlen besser verstehen, können aus statistischen Angaben leichter ableiten, was für sie selbst wichtig ist und ihre Krankheit betrifft.Psychologin Peters

Wem hingegen die Zahlen nichts sagen, der lässt sich von Ängsten leiten und erwartet weniger von einer Behandlung. Spannende Anekdoten mit schicksalhaften Wendungen übertrumpfen jedes Zahlenbeispiel. Deshalb kommt es immer wieder vor, dass Patienten zwar vom Arzt hören, dass sie Glück im Unglück hätten und die Heilungschance bei ihrer Krankheit 90 Prozent betrage. Sie glauben dennoch eher dem Bericht über einen Bekannten, bei dem eine ähnliche Diagnose festgestellt wurde und die Geschichte gut oder eben weniger gut ausging.

Dabei gilt: Die Anekdoten anderer werden umso intensiver miterlebt und geglaubt, je ähnlicher sie der eigenen Lebensphase sind und wenn sie jemand erzählt, der das gleiche Alter aufweist und das gleiche Geschlecht hat.

Beim Umgang mit Risiken gelten Prozentsatzangaben als besonders schwierig. Viele Menschen können nicht einschätzen, was eine Heilungschance von 80 Prozent bedeutet. Besser als die Prozentangabe wäre es dann, wenn der Arzt sagt: Bei fünf Menschen mit dieser Krankheit werden vier durch die Therapie geheilt, und nur einem geht es schlecht. Fragen wie: Können Sie das nachvollziehen? oder Verstehen Sie die Beispiele? zeigt dann, ob noch weitere Informationen benötigt werden oder nicht.

Es kann allerdings auch sein, dass Zahlenmuffel gar nicht unkundig sind, sondern schlicht Pessimisten. Da sie den Eindruck haben, sowieso immer auf der falschen Seite zu sein, ist für sie klar, dass schiefgehen wird, was schiefgehen kann. Die Vorhersage, dass es bei 20 Prozent nicht gut ausgeht, beziehen sie auf sich.

Was heißt das? Prozentzahlen bleiben für viele abstrakt. Menschen wechseln lieber zu einfachen Fragen: Wer fällt mir ein, der eine ähnliche/die selbe Krankheit gehabt hat und wie lief es dann? Diese Erfahrung bestimmt dann die Einschätzung des Leidens, unabhängig davon, welche Zahlen der Arzt präsentiert.

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