Zukunft der Medizin

Über Jahrhunderte war die Medizin darauf ausgelegt, Symptome mit dem bloßen Auge zu erkennen. Um Krebs zu diagnostizieren, musste der Arzt den Tumor sehen. „Das Auge“ wurde durch technische Hilfsmittel signifikant verbessert: erst durch das Mikroskop, dann durch Röntgenstrahlen, zuletzt durch Magnetresonanz. Dieser Weg, eine Diagnose zu stellen, steht kurz vor dem Ende. Mikrochips verschmelzen […]

Diagnosen treffen, neue Arzneimittel erforschen und Medikationen individuell festlegen – die Kernbereiche der Medizin stehen vor gewaltigen Umwälzungen.

Über Jahrhunderte war die Medizin darauf ausgelegt, Symptome mit dem bloßen Auge zu erkennen. Um Krebs zu diagnostizieren, musste der Arzt den Tumor sehen. „Das Auge“ wurde durch technische Hilfsmittel signifikant verbessert: erst durch das Mikroskop, dann durch Röntgenstrahlen, zuletzt durch Magnetresonanz.

„Diagnose und Medikation ändern sich durch die technischen Errungenschaften in den nächsten Jahren signifikant.“

Dieser Weg, eine Diagnose zu stellen, steht kurz vor dem Ende. Mikrochips verschmelzen mit Reagenzgläsern. Die Wirkstoffforschung verändert sich rapide. Das Gießkannenprinzip, mit dem nach Medikamenten geforscht wurde, hat ausgedient. Durch DNA-Profile verändert sich die Medizin von einer Disziplin, die den Ansatz hatte, dass Krankheit und Medikament in allen Patienten gleich wirken, zu einer Wissenschaft, die Erkrankungen individuell behandelt. Das Ergebnis ist ein neues Zeitalter der medizinischen Therapie, die nicht von Zell- und Organaustausch dominiert ist, sondern von früher Diagnose und individueller Medikation

Ein Beispiel sind DNA-Chips: dünne Scheiben aus Glas oder Kunststoff, die kleine DNA-Einheiten tragen. Sie nutzen die natürliche Tendenz der doppelsträngigen DNA-Moleküle, sich mit ihrem komplementären Partner zu verbinden. Sobald Forscher einen bestimmten DNA-Abschnitt in einem Virus oder Bakterium isoliert haben, kann der Streifen dazu verwendet werden, den passenden Strang in einer Blutprobe eines Patienten zu finden. Hunderte Erreger oder genetische Erkrankungen können so durch einen Mikrochip identifiziert werden. Die Kosten für die neue Technologie fallen: Bald wird ein DNA-Chip für einige hundert Dollar zu haben sein.

Ein weiterer Ansatz, um die Diagnosen auf den Patienten zugeschnitten treffen zu können, wird am Berliner Max-Planck-Institut erarbeitet. Studienleiter Hans Lehrach möchte von jedem Patienten ein virtuelles Abbild erschaffen. „Wir verwenden in allen Branchen und Forschungen Computersimulationen, nur in der Medizin nicht“, so der Wissenschaftler. Um das zu ändern, arbeitet Lehrach mit Krebsforschern zusammen. In der Praxis werden Teile des Tumors analysiert, die DNA-Struktur des Gewebes festgestellt und mit den Biodaten des Patienten verglichen. „In unserem Computermodell gibt es dann zum Beispiel eine virtuelle Leber, die das Medikament, das wir verabreichen wollen, ebenso modifiziert wie die Leber des Patienten.“ Die Krebsmodellierung enthält mehr als 3.000 Komponenten, mehr als 30 Signalwege und über 4.500 verschiedene Reaktionen. So kann im Vorfeld festgestellt werden, ob sich mit der angesetzten Medikation das Tumorwachstum aufhalten lässt oder nicht. So können mögliche Medikamente und Kombinationen durchprobiert werden. Der Patient spart wertvolle Zeit und das Gesundheitswesen hohe Kosten.

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