Botox: Vom Nervengift zum Wundermittel

Vom Wurstgift zum Wundermittel. Das Protein Botulin hat einen langen Weg zurückgelegt, bis es in den Stirnfalten der Society seine wahre Bestimmung fand. Die Geschichte von Botox beschreibt den Siegeszug eines Proteins, das als stärkstes natürliches Gift der Welt in der Lage ist, enorme Schäden anzurichten, richtig dosiert jedoch wahre Wunder wirken kann. Die Eigenschaften […]

Was haben verdorbener Schinken, Biowaffenarsenale, die Parkinson-Forschung und Nicole Kidmans Gesicht gemeinsam? Richtig, sie alle enthalten Botox. Hinter der Substanz steckt mehr als nur ein Wundermittel in der Kosmetik.

Vom Wurstgift zum Wundermittel. Das Protein Botulin hat einen langen Weg zurückgelegt, bis es in den Stirnfalten der Society seine wahre Bestimmung fand.

Die Geschichte von Botox beschreibt den Siegeszug eines Proteins, das als stärkstes natürliches Gift der Welt in der Lage ist, enorme Schäden anzurichten, richtig dosiert jedoch wahre Wunder wirken kann. Die Eigenschaften des Giftstoffs wurden erstmals zu Beginn des 19. Jahrhunderts von einem schwäbischen Arzt beschrieben, der auch die hemmende Wirkung auf die Nervenbahnen erkannte. Dem belgischen Mediziner Emile van Ermengem gelang es um 1896 schließlich, den Giftstoff in einem verdorbenen Schinken, der für drei Todesfälle verantwortlich war, zu isolieren. Bereits vorher ließen sich Vergiftungen mit ähnlichen Symptomen mit verdorbener Wurst in Verbindung bringen. Daher spricht man bis heute vom Wurstgift, Botulinumtoxin im Lateinischen oder eben schlicht: Botox.

Der amerikanische Augenforscher Alan Scott war einer der ersten Mediziner, der versuchte, Botox für therapeutische Zwecke zu nutzen. Er begann Anfang der 1960er nach einem Mittel gegen das Schielen zu forschen. Für therapeutische Zwecke wird es heute mehr denn je eingesetzt. Hauptanwendungsgebiet von Botox ist die Neurologie. Der Wirkstoff hemmt die Signalübertragung von Nervenzellen. Das führt zur Lähmung jener Muskel, die damit behandelt werden.

Gezielt und richtig dosiert eingesetzt, ist es damit in der Lage, beispielsweise Bewegungsstörungen entgegenzuwirken. Verschiedenste Formen von Spasmen werden mit Botox behandelt. In Irland wurde es bereits gegen Inkontinenz zugelassen. Forscher sehen in Botox noch mehr Potenzial und untersuchen Anwendungsformen gegen Parkinson, sogar gegen Depressionen. Auch das von Scott entwickelte Präparat gegen Schielen erwies sich als erfolgreich. 1989 wurde es für den amerikanischen Markt zugelassen. 1991 verkaufte er die Rechte daran an den Pharma­konzern Allergan für 4,5 Millionen Dollar.

Eine Investition, die sich lohnen sollte, denn der Wirkstoff gegen das Schielen hat eine interessante Nebenwirkung: Gesichtsfalten im Bereich der Augen verschwinden wie durch Zauberhand. Botox als Wundermittel gegen Falten war geboren. Heute verdient der Konzern damit Milliarden – und Alan Scott bereut seinen voreiligen Verkauf und warnt dafür vor den langfristigen Nebenwirkungen. Damit ist er nicht der Einzige. Die übliche Wirkung von Botox lässt, je nach Dosierung, nach einer gewissen Zeit nach. Mit der neuerlichen Anwendung ist sie wieder schnell und einfach aufgefrischt. Unklar bleibt jedoch, welche Spuren die langfristige Behandlung mit Botox im Körper hinterlässt und welche unerwarteten Spätfolgen eintreten können. Als stärkstes Gift der Welt birgt Botox aber noch eine ganz andere Gefahr.

Es kann als biologische Waffe verwendet werden – eine Waffe mit enormer Tötungskraft. Bislang wurde es weder für kriegerische noch für terroristische Zwecke eingesetzt. Risikoberechnungen gehen jedoch davon aus, dass für einen gezielten bioterroristischen Angriff über die Milchversorgung einer Bevölkerung bereits 1 Gramm Botox ausreichen könnte, um 100.000 Menschen zu töten. Noch fataler wäre ein Angriff auf die Wasserversorgung. Und das ist es, Botox. Hinter dem Gift, das sich eine zahlungsbereite Kundschaft auf After-Work-Botox-Partys für viel Geld ins Gesicht spritzen lässt, steckt gleichermaßen ein medizinisches Wundermittel und eine potenzielle Massenvernichtungswaffe. Wenn also ein Parkin­son-Patient demnächst Nicole Kidman in einem Biowaffenarsensal zum Schinkenessen trifft, haben sie gewiss einiges zu besprechen – beispielsweise, wie nahe Genie und Wahnsinn einander sein können.

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